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Storytelling Fotografie: Eine Anleitung in 6 Schritten

Titelfoto: Shootcamper Josef Höfler

Unter all den Möglichkeiten und Varianten der menschlichen Kommunikation steht das Geschichtenerzählen an erster Stelle. Aber geht Storytelling Fotografie auch?

Geschichten erobern Herzen, verändern das Denken und beeinflussen Entscheidungen.

Storytelling ist überall relevant, weil Menschen sich Geschichten viel leichter und besser merken, als Fakten. Deshalb gibt es auch so viele Coaches in Bereichen wie Marketing, Dating usw. die sich um Storytelling kümmern.

Aber auch in der Fotografie kann Storytelling ein starkes Instrument sein.

Ok, In der Werbung kann eine fesselnde Geschichte eine Marke von ihren Mitbewerbern abheben. Bei einem ersten Date kann eine gut erzählte persönliche Anekdote den Ausschlag zu deinen Gunsten geben.

Aber was ist mit Fotos?

In diesem Artikel gehen wir der Kraft des Storytelling in der Fotografie auf den Grund und geben dir eine Schritt für Schritt Anleitung, wie du Storytelling für deine Fotos einsetzen kannst.

Storytelling Fotografie: Warum?

Fotografien sind im Grunde visuelle Geschichten. Ein Schnappschuss eines flüchtigen Moments, verewigt im Druck oder in Pixeln.

Während ein wunderschön komponiertes Bild die Aufmerksamkeit des Betrachters auf sich zieht, kann ein Foto, das eine Geschichte erzählt, eine tiefe Resonanz hervorrufen und eine Vielzahl von Emotionen wecken.

Das ist der Unterschied zwischen einem Foto, das man vergisst, und einem, das noch lange nachhallt, wenn man sich schon weggedreht hat.

Storytelling Fotografie Elemente

Wie jede gute Geschichte hat auch eine fesselnde fotografische Erzählung Schlüsselelemente:

  • Schauplatz,
  • Figuren,
  • Handlung,
  • Konflikt und
  • Auflösung.

Der Schauplatz liefert den Kontext.
Die Charaktere dienen als Anknüpfungspunkt für den Betrachter.
Die Handlung webt die Geschichte.
Der Konflikt erzeugt Spannung, und die Auflösung sorgt für Entspannung.

Übertrage diese Elemente des Storytelling auf die Fotografie und du verwandelst ein simples, einfaches Bild in eine beeindruckende Geschichte.

Klingt einfacher, als es getan ist, ich weiß.

Wir schauen uns gleich Schritt für Schritt an, wie du Storytelling mit Fotos hinkriegst. Als Einstimmung wirf zuerst mal einen Blick auf ein paar Fotografen, die diese Kunst beherrschen.

Fotografen, die Storytelling hervorragend einsetzen

Sebastião Salgado – Ein brasilianischer Fotograf, der für seine Projekte bekannt ist, die das Leben von Menschen auf der ganzen Welt dokumentieren. Seine Werke wie „Workers“ und „Genesis“ zeigen sowohl die Schönheit als auch die Härte des menschlichen Daseins. Seine Bilder befassen sich unter anderem mit den Themen Migration, Arbeit und Umwelt.

Storytelling Fotografie: Sebastião Salgado
Sebastião Salgado – A doctor visit, Ecuador

Dorothea Lange – Als einflussreiche amerikanische Dokumentarfotografin ist Lange vorwiegend für ihre Arbeit während der Großen Depression bekannt. Ihr Foto „Migrant Mother“ ist ein legendäres Bild, das von der Not vieler Menschen in dieser Zeit erzählt. Lange hatte ein Händchen dafür, ergreifende Momente im Alltag festzuhalten, die Bände sprechen. Storytelling Fotografie at its best.

Storytelling Fotografie: Dorothea Lange
Dorothea Lange, Migrant Mother, 1936, ©Library of Congress, Prints & Photographs Division, LC-USZ62-58355

Steve McCurry – Vielleicht am bekanntesten für sein Foto „Afghan Girl„, das die Titelseite von National Geographic zierte, hat Steve McCurry Jahrzehnte damit verbracht, die Erfahrungen der Menschen auf der ganzen Welt einzufangen. Seine leuchtenden Farben und seine tiefe Verbundenheit mit seinen Motiven helfen ihm, tiefe, emotionale Geschichten über die Kulturen und Ereignisse der Welt zu erzählen.

Storytelling mit Fotos: Steve Mc Curry
Steve Mc Curry: Afghan Girl

James Nachtwey – Der amerikanische Fotojournalist und Kriegsfotograf Nachtwey hat im Laufe seiner Karriere eine Vielzahl von Konflikten, Hungersnöten und Krisen dokumentiert. Seine tiefgründigen und manchmal erschütternden Bilder erzählen die Geschichten von Kriegsgebieten, von der Verwüstung durch Krankheiten und von der Unverwüstlichkeit des menschlichen Geistes.

Storytelling mit Fotos: James Nachtwey
James Nachtwey (jamesnachtwey.com)

Jeder dieser Fotografen hat einen einzigartigen Stil. Aber was sie eint, ist ihre Fähigkeit, mit ihren Bildern starke Geschichten zu erzählen, die bei Betrachtern starke Emotionen auslösen. Sie beherrschen Storytelling Fotografie.

Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Erstellen einer Geschichte im Foto

1. Identifiziere die Geschichte

Story-orientierte Fotografie beginnt damit, dass du herausfindest, welche Geschichte du eigentlich erzählen willst. Logisch. Das kann ein persönliches Erlebnis, ein interessantes Ereignis oder sogar etwas Abstraktes sein, wie das Vergehen der Zeit.

Je klarer und deutlicher, desto besser.

2. Richte die Kulisse ein

Jede Geschichte braucht eine Bühne. Nutze deine Umgebung so, dass sie deine Erzählung unterstützt. Je nachdem, was du erzählen willst, kann dein Schauplatz eine belebte Straße in der Stadt, eine ruhige Landschaft oder eine Nahaufnahme eines mit Frost bedeckten Blattes sein.

3. Fange die Charaktere ein

Wenn Menschen Teil deiner Geschichte sind, solltest du ihre Mimik und Körpersprache einfangen, denn das sind wichtige Elemente für die Erzählung der Geschichte. Achte darauf, dass ihre Handlungen mit der Geschichte, die du erzählen willst, zusammenpassen. Viele Fotos mit Potenzial wurden schon ruiniert, nur weil die Körpersprache einer Person im Bild nicht zum Rest gepasst, oder die Geschichte nicht richtig erzählt hat.

4. Stelle den Plot dar

Ordne die Elemente in deinem Foto so an, dass sie den Verlauf, den Moment, oder die Abfolge deiner Geschichte darstellen. Der „visuelle Fluss“ sollte den Betrachter durch die Erzählung führen. Wie immer in der Fotografie geht es auch – und besonders – hier darum, die Betrachter zu führen.

5. Hebe den Konflikt hervor

Der Konflikt ist das Herzstück einer jeden Geschichte. Er erzeugt Spannung, Intrigen und Interesse. Er kann so dramatisch sein wie ein Protestkonflikt oder so subtil wie die Spannung zwischen Licht und Schatten.

6. Die Auflösung

Zum Schluss solltest du eine Auflösung präsentieren, die dem Betrachter ein Gefühl des Abschlusses vermittelt. So werden alle Elemente miteinander verbunden.

Keine Sorge, wenn du dich jetzt fragst, wie du alle diese Elemente in ein einziges Foto packen sollst – das muss nicht sein.

Zum Einen muss nicht jede Geschichte in einem einzigen Foto alle diese Punkte abdecken, zum Anderen kannst du dir dabei ja mit verschiedenen Techniken aushelfen:

Effektive Techniken für fotografisches Storytelling

Serienaufnahmen, verschiedene Perspektiven, das Einfangen intimer Details, der Einsatz von Licht und Farben – das sind einige Techniken, mit denen du deine Geschichten verbessern kannst. Jede Fototechnik, die du dir aneignest, ist ein Werkzeug, mit dem du deine fotografische Stimme besser zum Ausdruck bringen kannst.

Ein paar Techniken dir beim Storytelling mit Fotos helfen können:

  • Diptychons/Triptychen: Das sind zwei oder drei Fotos, die zusammen betrachtet werden und oft thematisch, kompositorisch oder in der Reihenfolge zusammenhängen. Diese Technik kann sehr wirkungsvoll sein, wenn es darum geht, Geschichten zu erzählen, für die ein einziges Bild nicht ausreicht.
  • Nebeneinanderstellen: Das Nebeneinanderstellen von kontrastierenden Motiven kann zum Nachdenken anregen und Unstimmigkeiten oder Ironie in deiner Geschichte hervorheben.
  • Perspektive und Blickwinkel: Wenn du aus einem unerwarteten Blickwinkel fotografierst oder die Perspektive änderst, kann der Betrachter die Dinge aus einem anderen Blickwinkel sehen. Das macht die Geschichte interessanter, unerwarteter.
  • Rahmung und Komposition: Nutze natürliche Elemente oder die Architektur, um deine Motive einzurahmen und die Augen der Betrachter/innen dorthin zu lenken, wo du sie haben willst.
  • Farbe und Monochromie: Setze bewusst Farben ein, um Stimmungen zu vermitteln, oder verwende Schwarz und Weiß, um Ablenkungen zu vermeiden und Formen und Texturen zu betonen.
  • Einsatz von Fokus: Nutze den Fokus, um deine Motive hervorzuheben, oder schaffe Tiefenschärfe-Effekte, um deiner Geschichte mehr Tiefe zu verleihen.
  • Symbolik: Finde Elemente oder Motive, die du in dein Bild einbringen kannst, die bestimmte Konzepte oder Ideen repräsentieren, die für deine Geschichte relevant sind.
  • Timing: Manchmal ist es wirklich nur der richtige Moment, der den Unterschied ausmacht. Übe dich in Geduld und Achtsamkeit, um die entscheidenden Momente einzufangen.
  • Wiederholungen: Ein sich wiederholendes Muster oder Motiv kann für visuelle Konsistenz und Rhythmus sorgen und bestimmte Elemente in deiner Erzählung hervorheben.
  • Führende Linien: Verwende natürliche oder künstliche Linien in deiner Komposition, um das Auge durch das Bild und auf den Schwerpunkt deiner Geschichte zu lenken.

Jede dieser Techniken kann für sich genommen sehr wirkungsvoll sein, aber wenn du sie sorgfältig kombinierst, kannst du die Geschichte, die du visuell erzählen willst, noch besser darstellen.

Die Rolle der Nachbearbeitung für deine Geschichte

Im digitalen Zeitalter hört die Fotografie nicht auf, wenn du auf den Auslöser drückst. Was wir früher in der Dunkelkammer machen mußten, können wir jetzt in Adobe Lightroom und Co machen.

Bildbearbeitung bietet eine Fülle von Werkzeugen, mit denen du deine Geschichte verbessern, Farben anpassen, Schatten hinzufügen oder reduzieren, dein Motiv betonen, Rauschen reduzieren oder sogar dein Bild neu ausrichten kannst.

Also auch an dieser Stelle – befasse dich mit Bildbearbeitung, denn sie ist ein erheblicher Bestandteil der Fotografie. Auch wenn nicht jedes Bild bearbeitet werden muss, du verzichtest auf 50% der vorhandenen Werkzeuge der Fotografie (und somit 50% der Werkzeuge, die schon die alten Meister verwendet haben), wenn du sie ignorierst.

Fazit

Beherrscht du Storytelling mit Fotos, wird das deine Fotografie maßgeblich verändern. Und vermutlich auch deine gesamte Wahrnehmung.

Es bringt dich dazu, über das Offensichtliche hinauszuschauen und die Geschichten zu entdecken, die dahinter stecken und darauf warten, erzählt zu werden.

Die Reise vom einfachen „Knipsen“ zum wirkungsvollen „Geschichtenerzählen“ ist aufregend, bereichernd und sehr befriedigend. Wenn du dich auf diesen Weg begibst, denke daran, dass jeder große Geschichtenerzähler auch ein ständiger Schüler ist.

Bleib also neugierig, lerne weiter und trau dich, die Geschichten zu erzählen, die du wirklich erzählen möchtest.

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